Bilateraler Austausch in Ruanda: 4 Fragen an Pascal Blickle

Ruanda engagiert sich stark im internationalen Statistiksystem. Direktor Georges-Simon Ulrich hat das ostafrikanische Land gemeinsam mit Botschafter Benjamin Rothen (Leiter der Sektion Internationale und nationale Angelegenheiten INA), sowie mit Mitarbeitenden der Schweizer Botschaft in Nairobi und des Schweizer Kooperationsbüros in Kigali besucht.
Auf ihrer Reise von Mitte April haben sie Vertreterinnen und Vertreter der ruandischen Regierung getroffen. Sie haben sich mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftern an Universitäten unterhalten, mit Mitarbeitenden internationaler Organisationen sowie mit Exponentinnen und Exponenten aus der Privatwirtschaft. Diskutiert wurde über Statistik und Daten.
Pascal Blickle aus der Sektion INA hat die Reise mitorganisiert. Dabei musste er zuerst ganz neue Kontakte knüpfen, wie er im Gespräch erzählt. Und er musste die Reisepläne kurzfristig ändern.

In welchem Zusammenhang und mit welchem Ziel wurde diese Reise organisiert?

(Pascal Blickle) Das BFS organisiert regelmässig bilaterale Treffen mit anderen nationalen Statistikämtern. Ein Teil dieser Austausche findet im BFS statt. So waren 2023 Delegationen aus den Niederlanden und Estland in Neuchâtel zu Gast. Für andere Treffen reist eine Delegation des BFS in das betreffende Land – im letzten Jahr nach Irland und Grossbritannien.
Ziel dieser Austausche ist es jeweils, gegenseitig aus unseren Erfahrungen zu lernen, ganz besonders in neueren Tätigkeitsfeldern wie dem Datenmanagement. Zudem geht es darum, sich im Hinblick auf Diskussionen in multilateralen Gremien wie der UNO-Statistikkommission zu vernetzen und auszuloten, wo für gemeinsame Ziele zusammengearbeitet werden kann.
Die meisten solcher Austausche finden mit europäischen Ländern statt, weil die Zusammenarbeit mit ihnen über das europäische Statistiksystem besonders eng ist. Da Georges-Simon Ulrich dieses Jahr auch den Vorsitz der UNO-Statistikkommission innehat, ist es ihm ein Anliegen, sich auch mit Statistikämtern auf anderen Kontinenten auszutauschen, wo die Herausforderungen und Ressourcen oft andere sind als bei uns. Ruanda spielt dabei eine besondere Rolle: Das Land tritt an internationalen Foren im Daten- und Statistikbereich oft als Vorreiterin auf, und als Wortführerin für den gesamten afrikanischen Kontinent.

Was waren die Herausforderungen für Sie als Organisator?

(P. B.) Es war sicherlich herausfordernd, Treffen in einem Land zu organisieren, in dem wir erst wenige Kontakte hatten. Deshalb war die Koordination mit den Kolleginnen und Kollegen des Aussendepartements und insbesondere mit dem Kooperationsbüro vor Ort sehr wertvoll. Dank ihrer Kenntnis der lokalen Akteure konnten wir ein Programm zusammenstellen, das neben dem Statistikamt auch andere Akteure aus dem Daten- und Statistikbereich einbezog.
Eine weitere grosse Herausforderung war es, auf kurzfristige Programmänderungen flexibel reagieren zu können. So hatten wir auch einen Kurzbesuch des Nachbarlands Burundi geplant, den wir aber aufgrund der veränderten Sicherheitslage kurzfristig absagen mussten.

Welchen Mehrwert hat dieser Austausch für das BFS?

(P. B.) Einerseits können wir von den Erfahrungen Ruandas lernen, beispielsweise bei der Zusammenarbeit mit akademischen und privaten Institutionen, die dort stark ausgeprägt ist. Andererseits können wir auch unsere Erfahrungen weitergeben, zum Beispiel im Bereich des Datenmanagements. Wir möchten damit dazu beizutragen, dass weltweit gute Daten einfacher zugänglich gemacht werden. Nicht zuletzt erleichtert der hochrangige Austausch die Erarbeitung guter internationaler Standards in den multilateralen Gremien. Diese internationalen Standards gewährleisten die internationale Vergleichbarkeit der Statistiken des BFS und der Statistikproduzenten anderer Länder.

«In Ruanda ist das Vertrauen in die öffentliche Statistik gross. Das freut mich sehr. Das Land und die internationalen Organisationen spielen auf Augenhöhe zusammen. Das wird sowohl von der Bevölkerung wie auch von den weiteren wichtigen Institutionen wie Schulen, Universitäten geschätzt.»

Direktor Georges-Simon Ulrich, Leiter der Schweizer Delegation

Welche Erfahrungen konnten auf der Reise gewonnen werden?

(P. B.) Die Erfahrung vor Ort hat ganz klar gezeigt, dass Geld und Infrastruktur für den Aufbau eines guten nationalen Statistik- und Datensystem nicht reichen. Es braucht vor allem eine Stärkung der Kapazitäten mit fachkundigen Personen. Aus den Gesprächen wurde klar: Ruanda teilt mit der Schweiz die Vision, dass Statistikämter und auch die UNO-Statistikkommission nicht nur für die offizielle Statistik zuständig sein sollen, sondern eine breitere Rolle im Datenmanagement und der Datenwissenschaft spielen sollen. Wenn wir auf internationalem Parkett gemeinsam auftreten, können wir mehr erreichen. Ruanda als Land, das grossen Wert auf eine verlässliche Statistik legt, ist ein guter Partner für die Schweiz.

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