Zoom-Yoga: Für Körper und Geist

Als ich anfangs April 2020 begonnen habe, Yoga-Kurse online zu unterrichten, hätte ich nicht gedacht, dass wir uns auch ein Jahr später nur virtuell treffen können. Im Zuge des ersten Lockdowns im März 2020 ging es vor allem darum, interessierten Personen die Möglichkeit zu geben, ihre Praxis fortzusetzen. Ganz nach dem Motto «besser als gar nichts» ersetzen die Zoom-Kurse das gemeinsame Üben in einem Raum zu einem gemeinsamen Üben in getrennten Umgebungen. Auch wenn man die anderen nicht «atmen» hört, entwickelt sich interessanterweise auch so ein Gruppengefühl und eine Gruppendynamik. In einer Zeit der reduzierten sozialen Kontakte haben sich viele gefreut, sich zumindest virtuell sehen zu können.

Der Umgang mit der aussergewöhnlichen Situation und der partiellen Lockdowns fordert uns alle heraus. Noch mehr als sonst ist es in dieser Zeit wichtig, den Körper (aufgrund sitzender Tätigkeiten im Homeoffice wieder) in Bewegung zu bringen und auszugleichen. Auch bringt die Situation psychische, soziale und emotionale Herausforderungen mit sich, und umso mehr ist es essenziell, den Geist zur Ruhe kommen zu lassen.

Iyengar Yoga ist Meditation in Aktion: Jede und jeder arbeitet an sich und baut durch «Asanas» (Yogastellungen) und «Pranayama» (Atemübungen) Kraft, Durchhaltevermögen, Flexibilität und Konzentration auf. Durch das regelmässige Üben lernen wir, unseren Körper, unsere Gedanken und Emotionen zu «lesen» bzw. zu verstehen und zu führen.

Grundsätzlich sind die Erfahrungen nach einem Jahr virtuellen Yoga-Kursen sehr positiv. Die Übenden haben zu Hause einen Raum gefunden, wo sie ausreichend Platz und Ruhe haben, um die Matte auszubreiten. Viele waren kreativ und haben Alltagsgegenstände zu Hilfsmitteln umfunktioniert. Andere haben sich mit zunehmender Dauer der Pandemie mit Yoga-Material wie einem Stuhl, Gurt und Klötzen ausgerüstet. Durch die räumliche Trennung vom Lehrer entwickeln die Übenden ein höheres Mass an Selbständigkeit und Unabhängigkeit. Sie lernen sich selbst einzurichten und verstärkt auf sich selbst zu hören. Vielleicht ist man sogar weniger abgelenkt und konzentriert sich mehr auf die eigene Erfahrung.

Anders als online abrufbare Videos erlaubt Zoom ein interaktives Unterrichten, so können Fehlhaltungen korrigiert werden. Allerdings vermag das Format die persönliche Präsenz und Begegnung nicht zu ersetzen. Wir freuen uns alle auf den Tag, an dem wieder verschiedene Körper und Seelen im gleichen Raum im selben Rhythmus schwingen können – eine Erfahrung, die wir jetzt vermissen.

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